"Vom Solo zur Sinfonie - Was Unternehmen von Orchestern lernen können"

Christian Gansch begeistert 500 Unternehmer im Europa-Park Rust

Er gehört zu den gefragtesten Referenten im In- und Ausland - Christian Gansch: Dirigent, Musikproduzent und Coach. Geboren wurde er 1960 in Österreich und eine ungewöhnliche Biographie prägt seine Persönlichkeit. Als Dirigent war er bei internationalen Spitzenorchestern tätig, 14 Jahre lang in der Musikindustrie als Produzent und auch in den Unternehmensbereichen Produktion, Marketing, Controlling und Vertrieb kennt er sich bestens aus.

Im Rahmen einer Vortragsveranstaltung der Volksbank Lahr begeisterte er mehr als 500 Unternehmer im Europa-Park Dome. Christian Gansch gab den Gästen einen umfassenden Einblick in die Welt der Profiorchester. So ungewöhnlich das Thema auf den ersten Blick erschien, so schnell wurde klar, wo die Parallelen zwischen einem Orchester und einem Unternehmen liegen. „Erfolg hat man nur bei einem guten Zusammenspiel sämtlicher Mitarbeiter im Unternehmen“, betonte auch Vorstandssprecher Peter Rottenecker in seiner Begrüßung. Auch die Prozesse bei der Volksbank Lahr entwickelten spezifische Tempi und folgen einem bestimmten Rhythmus, so Rottenecker.

Handwerk, Präzision und Disziplin bezeichnete Christian Gansch als Voraussetzungen für ein gutes Konzert. Es sei zudem „brutale Arbeit und ein Training wie im Sport notwendig“. Emotionalität sei Selbstzweck und brauche Rationalität. Emotionen beim Publikum entstünden durch Professionalität, erklärte er.

„Aufeinander hören - miteinander handeln!“

Ein Orchester sei kein Team, es bestehe wie ein Unternehmen aus Abteilungen mit Spezialisten. Strukturen, Prozesse und Abstimmung sorgen dafür, dass das System funktioniere. Führungskräfte übernehmen die Abstimmung innerhalb der Instrumentengruppen und entlasten so den Dirigenten. „Ich habe schließlich nur zwei Hände“, betonte Christian Gansch. Eine seiner Aufgaben sieht er darin, „das Wechselspiel der Kompetenzen zu verbinden und das Bewusstsein für das Ganze zu schärfen.“ „Aufeinander hören - miteinander handeln“; lautet sein Credo, denn schließlich zähle der Gesamteindruck des Orchesters.

Wichtig ist für Gansch, immer mal wieder den „Reset-“ und „Restart-Knopf“ zu drücken, um sich neu zu orientieren. Ein Profiorchester müsse sich auf jedes Konzert und auf unterschiedliche Rahmenbedingungen immer wieder neu einstellen. Auch wenn Beethoven schon fast 200 Jahre tot sei und seine Kompositionen technisch beherrscht werden, werden die Aufführungen nie zur Routine. Es gelte, sich immer wieder neu zu motivieren. Hinzu käme, dass der Erfolg von gestern schließlich Vergangenheit ist! Wichtig sei es, sich auf heute und die neue Aufgabe voll und ganz einzulassen!

Um zu motivieren und Werte zu transportieren setzt der erfahrene Dirigent und Coach auf Vorbilder: „Ich brauche Menschen, die das leben und vorleben!“ Leitbilder als Vorbildersatz mit Power-Point präsentiert, findet er „dämlich“. Respekt und Wertschätzung sind für ihn die Werte, bei denen der menschliche Funke überspringe. „Nicht Gleichheit ist unsere Lebensweisheit“, das sei Illusion. Die Unterschiedlichkeit mache es aus! Es gehe um Wahrnehmungskompetenz und um Führungskompetenz. „Führen heißt überzeugen.“
Jeder, auch wenn er die kleinste Rolle inne habe, muss wissen, worum es geht, es muss verstanden werden!“ Es sei nicht von Bestand, wenn Worte alleine einmal im Jahr proklamiert werden. „Wertschätzung ist nur relevant, wenn sie vom Menschen gelebt wird.“

„Harmonie ist noch nie aus Harmonie entstanden!“

Wo Menschen gemeinsame Sache machen, werden Konflikte ausgetragen. Sie sind wichtig für die Reinigung und den Austausch und schließlich fördern sie die gewünschte Harmonie, weiß Christian Gansch. Im Übrigen sei Harmonie noch nie aus Harmonie entstanden.
Das Technische sei das Fundament und immer das Gleiche, erklärte er. Aber 100 Menschen, das sind 100 Visionen und das ist Individualität. Der Dirigent müsse diese Vielfalt zu einem Ganzen zusammenführen, ohne Sympathie zu verordnen. Respekt und Wertschätzung zählten, weil wir mit den Menschen arbeiten müssen, die wir brauchen. Professionalität komme vor verordneter Harmonie.
Ein Dirigent muss auch Zuhören können und präsent sein, wenn nötig, sagt er. „Ich dirigiere und gebe Freiraum zur freien Entfaltung, ich vertraue.“ Loslassen bezeichnet er als Kunst. Herbert von Karajan habe einmal auf die Frage nach den Aufgaben eines Dirigenten geantwortet: „Der Dirigent muss immer wissen, wann er ein Orchester nicht stören darf!“
Für Veränderungsprozesse gab er den Unternehmern noch mit auf den Weg, dass man „eine hohe Frustrationstoleranz“ benötige. „Man wird nicht gleich geliebt für eine neue Sache.“ Trotz allem sei es wichtig, sich voll und ganz und mit Haut und Haar dafür einzusetzen!

Im Laufe des Abends konnte Christian Gansch an ausgewählten Kompositionen nachvollziehbar belegen, dass auch Orchester in Strukturen geführt werden wie Unternehmen.
Als er das auch an einem Titel von James Brown analysierte, war doch der eine oder andere erstaunt. Wohl kaum einer wusste vorher, dass sich auch dieser begnadete Soul-Musiker an streng rational-mathematischen Strukturen orientierte. Er hat 100 Regeln aufgestellt, die heute noch gelten.

Foto Volksbank Lahr (v.l.n.r.): Peter Rottenecker (Vorstandssprecher Volksbank Lahr) und Christian Gansch