Mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten von Baden Württemberg (1991 bis 2005), Professor Dr. h. c. Erwin Teufel erlebten die 400 Gäste des Ersteiner Gesprächskreises gestern Abend auf Einladung der Volksbank Lahr einen ganz besonderen Abend mit Gänsehautfaktor.
„Europa lebt nur, wenn es positive Energie ausstrahlen kann“, betonte der Vorstandsvorsitzende Peter Rottenecker in seiner Begrüßung. „Die Staaten Europas können sich den Herausforderungen nur gemeinsam stellen.“ Jeder für sich sei zu schwach, deshalb dürfe es keine nationalen Alleingänge geben, so Rottenecker.
Im Teatro dell`Arte im Europa-Park Rust zeigte Erwin Teufel auf, wie wir Europa gemeinsam stärken und weiterentwickeln und "vom Kopf auf die Füße stellen" können. Er beschrieb die Ausgangssituation nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. "Wir brauchen die Vereinigten Staaten von Europa“, hatte Winston Churchill schon damals vorausschauend gesagt. Die Deutschen und die Franzosen sollten damit beginnen. Und sie haben damit begonnen.
"Wir haben über 70 Jahre Frieden in Europa, deshalb ist Europa für mich vor jeder Wirtschaftsunion eine Friedensunion", betonte Erwin Teufel, der schon seit 2005 Präsident des Deutsch-Französischen Instituts in Ludwigsburg ist "Europa ist eine Insel des Friedens!" Das sei auch der Grund für die hohen Zustimmungswerte der Deutschen, die auch nach dem Brexit-Votum aus Großbritannien erneut bestätigt wurden.
Die zweite Seite der Medaille zeige aber trotz dieser positiven Einschätzung eine Grundskepsis der Menschen, so Teufel. Erstens gegenüber dem "Mammutgebilde in Brüssel", dem Zentralismus der EU.
Die Lösung heiße Subsidiarität, weil man „vom einzelnen Menschen her von unten nach oben denken“ müsse. "Europa ist dann stark, wenn es sich für die richtigen Aufgaben einsetzt", zeigte sich Erwin Teufel überzeugt. Viele Aufgaben könnten viel effizienter und schneller bei Gemeinden und Kreisen gelöst werden. Das liege den Menschen auch am nächsten. Nur die Aufgaben, die über die einzelnen Nationalstaaten hinausgehen, gehörten auf die Ebene der EU.
Zweitens gebe es eine Skepsis gegenüber dem Euro. Die Bürger sehen, dass die Stabilitätskriterien nicht eingehalten werden. Sorgen bereite auch die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Die Menschen wollen eine stabile Währung. Mit "Pacta sunt servanda", mahnte Erwin Teufel das Prinzip der Vertragstreue an, das als wichtigster Grundsatz im öffentlichen und privaten Recht gilt und wonach "Verträge einzuhalten sind".
Als dritten Grund für die Skepsis gegenüber der EU sieht er die aktuelle Flüchtlingskrise. Die Deutschen sind grundsätzlich sehr hilfsbereit. Klar sei aber auch, dass "wir nicht alle Armutsprobleme dieser Welt lösen können".
"Wir müssen mehr tun als bisher, forderte er, vor allem in diesen Armutsländern." Und dazu müssten Menschen unmittelbare Hilfe vor Ort leisten, so wie es die zahlreichen Hilfsorganisationen tun. Mit oft wenigen Mitteln leisten sie wertvolle und effektive Entwicklungshilfe.
Unter lang anhaltendem Applaus schloss er seinen Vortrag mit der Aufforderung, weiter kritisch zu bleiben und kritische Fragen zu stellen.